2014 hat die Lebenshilfe München – als eine der ersten Lebenshilfen in Bayern – für Senioren eine Tagesbetreuung eingerichtet. TENE heißt das Kürzel in Fachkreisen und bedeutet ‚Tagesstruktur für Erwachsene nach dem Erwerbsleben‘. Es ist ein gesamtgesellschaftliches Anliegen, das in Senioreneinrichtungen längst gelebte Praxis ist. Bei Menschen mit Behinderung ist dieser Ansatz aber noch relativ jung, vor allem wenn sie bei den Eltern leben oder in kleinen Wohneinheiten betreut werden.

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Christian Kerler, Koordinator des Bereichs Wohnen bei der Lebenshilfe München erklärt: „Vor allem in kleinen Einheiten, wo personelle Ressourcen knapp sind, braucht es strukturelle Angebote für Senioren. Es geht dabei einfach um die Tatsache, dass Menschen mit Behinderung, die über Jahrzehnte z.B. in den Lebenshilfe-Werkstätten gearbeitet haben, nicht in ein mentales Loch fallen. Sie brauchen Ansprache, Beschäftigung und kleine leistbare Aufgaben. Das erhält die mentale und körperliche Gesundheit, beugt Demenz und Vereinsamung vor.“  Renate Bauer leitet die Tene-Gruppe in Putzbrunn, die in die Räume der Wohn- und Betreuungseinrichtungen der Lebenshilfe München integriert ist. „Wir sind damit in der glücklichen Situation, über helle und große Räume mit einer integrierten Gemeinschaftsküche zu verfügen. Das sind beste Voraussetzung für unsere Gruppe mit bis zu 12 Teilnehmern,“ freut sich die Betreuerin. Ideal ist eine Größe von etwa 9 Personen, so dass an eine personelle Unterstützung gedacht wird. „Bei Ausflügen etwa ist dies absolut notwendig“, bekräftigt Renate Bauer. Wochentags werden von 8 bis 16 Uhr strukturierte Tagesangebote in Form einer aktiven Freizeitgestaltung geboten. Zentraler Fixpunkt ist das gemeinschaftliche Kochen. „Da sind wir mit der Vorbereitung und dem anschließenden Aufräumen drei Stunden intensiv beschäftigt.“

12 Personen stellen die Betreuerin vor andere Aufgaben als eine kleine Gruppe mit sechs Personen. „Die Schere der individuellen Leistungsfähigkeit geht einfach weiter auseinander. Das erfordert von allen mehr Rücksichtnahme und Einfühlung. Dabei darf man nicht vergessen, dass wir mit Menschen mit geistiger Behinderung arbeiten und in Einzelfällen sich auch erste Anzeichen einer beginnenden Demenz zeigen,“ erläutert Renate Bauer.

Der Erfolg und Zuspruch der Tene-Gruppe ist groß. Einige der Teilnehmer kommen von extern, einige aus anderen Wohnstätten der Lebenshilfe München und ein Teil direkt aus der Einrichtung Putzbrunn I und II. „Die Nachfrage steigt weiter“, weiß Christian Kerler, „und wir werden zum Frühjahr in Giesing eine weitere Tene-Gruppe aufmachen.“ Auch andere Lebenshilfen in Bayern haben Kontakte nach München geknüpft und starten ebenfalls mit Tagesstrukturierten Einrichtungen nach dem Erwerbsleben für Menschen mit geistiger Behinderung. „Die Lebenshilfen sind in Deutschland und auch bayernweit nach Landkreisen organisiert. Dabei ist jede Organisation als Verein völlig selbständig, über einen Landes- und Dachverband aber miteinander verbunden“, erklärt Peter Puhlmann, Geschäftsführer der Lebenshilfe München.

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